Punktereform in Flensburg

excerpt: Punktekonto: Was ist neu?

Zum 01.05.2014 erfolgt eine grundlegende Neuregelung des Verkehrszentralregisters (nunmehr Fahreignungsregister) und des Punktsystems. Die wesentlichen Änderungen werden nachfolgend beschrieben.

Was wird eingetragen?

Nicht jeder Verstoß führt zu Punkten in der Verkehrssünderkartei. Verwarnungen bis 55,00 € werden nicht mit Punkten bedacht.

Das gilt auch für das Überschreiten der Lenk- und Ruhezeiten sowie für Verstöße, die im Ausland begangen und dort geahndet wurden.

Ordnungswidrigkeiten
Die Eintragungsgrenze ist für Verkehrsverstöße, die ab 01.05.2014 begangen werden, von bislang 40,00 € auf 60,00 € angehoben worden. Neu ist auch, dass nur solche Verstöße eingetragen werden, die sich unmittelbar auf die Verkehrssicherheit auswirken. Sie sind in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) abschließend genannt. Verstöße gegen Umweltzonen, Sonntagsfahrverbote oder Kennzeichenvorschriften sind dort nicht aufgelistet und bleiben – unabhängig von der Bußgeldhöhe – ohne Punkte.

Straftaten
Nach altem Recht war es bereits ausreichend, dass eine Straftat „im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr“ begangen wurde, muss es sich nach neuem Recht um eine solche Tat handeln, die außerdem wegen der besonderen Schwere des Verstoßes in der FeV aufgezählt ist.

Es gibt zum einen Straftaten, bei denen die rechtskräftige Verurteilung immer zur Eintragung führt; hierzu zählen:

  • unerlaubtes Entfernen vom Unfallort,
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis,
  • gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr,
  • Gefährdung des Straßenverkehrs
  • Trunkenheit im Verkehr

Andere in der FeV genannte Straftaten werden nur dann in Flensburg eingetragen, wenn ein Fahrverbot ausgesprochen wurde.

Hierzu zählen:

  • Kennzeichenmissbrauch,
  • unterlassene Hilfeleistung,
  • Vollrausch,
  • Nötigung,
  • fahrlässige Körperverletzung,
  • fahrlässige Tötung

Sonstige Straftaten können – unabhängig vom Strafmaß nicht eingetragen werden. Hierzu zählt z. B. ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Aber auch Beleidigungen oder Urkunden¬fälschungen im Straßenverkehr werden nach neuem Recht nicht mehr in Flensburg gespeichert.

Was und wann wird eingetragen?

Eingetragen werden nur rechtskräftige Bußgeldbescheide, Strafbefehle oder Verurteilungen. Wird das Verfahren dagegen eingestellt oder endet eine Gerichtsverhandlung mit Freispruch, wird die vorgeworfene Tat nicht in Flensburg gespeichert.

Innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung kann sowohl gegen einen Bußgeldbescheid als auch gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt werden. Andernfalls tritt Rechtskraft ein. Wurde Einspruch eingelegt, ergeht eine Entscheidung des Gerichts, sofern die Behörde diesem Rechtsmittel nicht stattgibt oder der Betroffene den Einspruch nicht vorher zurücknimmt.

Durch das Einlegen eines Rechtsmittels werden also der Eintritt der Rechtskraft und damit die Eintragung der Tat im Register hinausgezögert. Ob ein solches „taktisches“ Rechtsmittel hilfreich oder schädlich ist, hängt vom Einzelfall ab.

Die Eintragung des Verstoßes und dessen Punktebewertung sind automatische Folgen der rechtskräftigen Ahndung des Verkehrsverstoßes. Auch wenn sie von manchem als zusätzliche Strafe empfunden werden, können sie nicht eigenständig angefochten werden.

Wann werden die Eintragungen wieder gelöscht?

Punkte bleiben nicht ewig im Register. Je nach Schwere des Verstoßes gilt eine Tilgungsfrist von 2½, 5 oder 10 Jahren.

Neu ist dabei, dass diese Fristen starr sind. Anders als bislang verlängert sich die Frist also nicht dadurch, dass eine weitere Tat begangen wird. Vielmehr wird jede Eintragung nach Ablauf ihrer Frist automatisch getilgt.

Einfache Ordnungswidrigkeiten bleiben 2½ Jahre im Register eingetragen. Nur wenn es sich um eine grobe Pflichtverletzung handelt, für die der Bußgeldkatalog ein Regelfahrverbot vorsieht, gilt eine Frist von 5 Jahren; ebenso lange bleiben eintragungspflichtige Straftaten ohne Fahrerlaubnisentzug eingetragen. Diese Fristen beginnen mit dem Datum der Rechtskraft, nicht mit dem Begehungsdatum (Tattag).

Nur wenn wegen einer eintragspflichtigen Straftat die Fahrerlaubnis entzogen wird, gilt eine Tilgungsfrist von 10 Jahren. Sie beginnt erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens aber 5 Jahre nach Rechtskraft der Verurteilung.

Übersicht der Tilgungsfristen

  • Ordnungswidrigkeit 2½ Jahre
  • Grobe Ordnungswidrigkeit mit Regelfahrverbot 5 Jahre
  • Straftat 5 Jahre
  • Straftat mit Entziehung der Fahrerlaubnis 10 Jahre

Wie viele Punkte werden verhängt?

Die Bewertung der eingetragenen Zuwiderhandlungen wurde ebenfalls geändert. Früher gab es für Ordnungswidrigkeiten 1 bis 4 Punkte und für Straftaten 5 bis 7 Punkte. Nach dem neuen System richtet sich die Punktezahl nach der Schwere der Tat:

Ordnungswidrigkeit 1 Punkt
Grobe Ordnungswidrigkeit mit Regelfahrverbot 2 Punkte
Straftat 2 Punkte
Straftat mit Entziehung der Fahrerlaubnis 3 Punkte

Damit stehen Punktebewertung und Tilgungsfrist in einer engen Beziehung:
Tat mit 1 Punkt 2½ Jahre Tilgungsfrist
Tat mit 2 Punkten 5 Jahre Tilgungsfrist
Tat mit 3 Punkten 10 Jahre Tilgungsfrist

Werden durch eine Tat mehrere Verstöße gleichzeitig begangen (sog. Tateinheit), werden nur Punkte für das schwerste Delikt eingetragen. Beispiel: Alkoholisiert zu schnell gefahren –Punkte gibt es nur für die Alkoholfahrt.

Werden dagegen mehrere Verstöße durch verschiedene Taten verwirklicht (sog. Tatmehrheit), werden die Delikte gesondert erfasst und mit jeweils Punkten bewertet.

Beispiel: Zwei Tempoverstöße im Abstand von einer Stunde – beide Taten werden eingetragen.

Welche Maßnahmen werden verhängt?

Die Maßnahmen des neuen Fahreignungs-Bewertungssystems sind – wie das bisherige Punktsystem – abgestuft. Zwar wird der einzelne Verstoß aber geringer bewertet, da aber die Punktegrenzen herabgesetzt wurde, genügen bereits weniger Punkte zum Auslösen der gesetzlichen Maßnahmen als bisher.

1 – 3 Punkte Vormerkung
4 – 5 Punkte Ermahnung
6 – 7 Punkte Verwarnung
Ab 8 Punkte Entziehung der Fahrerlaubnis

Vormerkung:
Wer 1, 2 oder 3 Punkte in Flensburg hat, ist dort für eine Bewertung seiner Fahreignung vorgemerkt. Eine weitergehende Maßnahme oder Benachrichtigung der Fahrerlaubnisbehörde ist damit noch nicht verbunden.

Ermahnung:
Bei 4 oder 5 Punkten wird der Betroffene erstmals gebührenpflichtig ermahnt und zu einer Veränderung seines Verhaltens aufgefordert. Er wird auf die Möglichkeit eines Punkteabbaus durch freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar und die weiteren Stufen des Bewertungssystems hingewiesen.

Verwarnung:
Sind 6 oder 7 Punkte erreicht, folgt die gebührenpflichtige Verwarnung. Eine Seminarteilnahme hat jetzt keinen Punkterabatt mehr zu Folge. Ein Pflichtseminar, das bislang als zweite Maßnahme vorgesehen war, gibt es nicht mehr.

Entziehung der Fahrerlaubnis:
Mit Erreichen von 8 Punkten gilt der Betroffene unwiderlegbar als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, ihm wird die Fahrerlaubnis entzogen. Eine neue Fahrberechtigung darf frühestens nach Ablauf von 6 Monaten erteilt werden, sofern der Betroffene nachgewiesen hat, dass er wieder geeignet ist. Dieser Nachweis erfordert eine positive medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU).

Atypische Fälle:
Die Fahrerlaubnis darf nur dann entzogen werden, wenn vorher die Maßnahmen beider Vorstufen ergriffen wurden. Wer ohne Ermahnung auf 6 oder 8 Punkte kommt, wird auf 5 Punkte zurückgesetzt. Wer zwar ermahnt wurde, aber vor Erreichen von 8 Punkten noch nicht verwarnt wurde, erhält lediglich 7 Punkte. Durch dieses Stufensystem soll sichergestellt werden, dass jeder Betroffene vor der Entziehung der Fahrerlaubnis zweimal angeschrieben und mit den Folgen des Punktesystems konfrontiert wird.

Tattags-Prinzip:
Für das Ergreifen der Maßnahme durch die örtliche Führerscheinstelle kommt es nicht auf das Datum der Rechtskraft der Entscheidung, sondern auf das Begehungsdatum an. Die Punkte entstehen bereits mit der Begehung der Tat, sofern diese Tat zu einem späteren Zeitpunkt rechtskräftig geahndet wird („kombiniertes Tattags-/Rechtskraftprinzip“).

Eine Maßnahme des Fahreignungssystems ist deshalb auch dann zu ergreifen, wenn sich der Punktestand zwischenzeitlich durch Tilgung einer Voreintragung wieder reduziert hat. Damit soll der Anreiz zu Verzögerungen durch taktische Rechtsmittel genommen werden.

Abbau von Punkten:
Wer 1 bis 5 Punkte hat, kann durch die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar 1 Punkt abbauen. Da auch hier das Tattag-Prinzip gilt, kommt es für den Punkterabatt darauf an, dass noch keine weitere Tat begangen wurde, die später zum Ansteigen des Punktekontos auf über 5 Punkte führt.

Das Fahreignungsseminar ist eine Kombination aus zwei verkehrspädagogischen Modulen zu je 90 Minuten und zwei verkehrspsychologischen Einheiten zu je 75 Minuten. In Kleingruppen beim Fahrlehrer und in Einzelsitzungen beim Psychologen sollen die Hintergründe der Verkehrsverstöße geklärt und eine nachhaltige Verhaltensänderung bewirkt werden.

Dieses Seminar kostet etwa 400,– € und kann nur ein Mal innerhalb von 5 Jahren zum Punkteabbau absolviert werden.

Was geschieht mit meinen „alten“ Punkten?

Löschung:
Zum 01.05.2014 werden solche Delikte aus dem alten Register gelöscht, die nach neuem Recht nicht mehr eingetragen würden. Die Löschung erfolgt automatisch.

Insbesondere Verstöße gegen Umweltzonen, Fahrtenbuchauflagen, Kennzeichenvorschriften sind davon betroffen.

Tilgungsfristen:
Nur für die verbleibenden alten Eintragungen gelten weiterhin die bisherigen Tilgungsbestimmungen, also für alle Ordnungswidrigkeiten eine 2-Jahres-Frist, während Straftaten einer Tilgungsfrist von 5 bzw. 10 Jahren unterliegen.

Eintragungen vor dem 01.05.2014 haben dabei eine Tilgungshemmung für andere Delikte: Getilgt wird grundsätzlich nur, wenn die Voraussetzungen für alle Verstöße erfüllt sind. Für Ordnungswidrigkeiten besteht dabei eine absolute Tilgungsfrist von 5 Jahren.

Eine (Neu-)Eintragung ab dem 01.05.2014 hat keine Tilgungshemmung für andere Taten zur Folge; dies gilt selbst dann, wenn die zugrunde liegende Tat vor dem 01.05.2014 begangen oder rechtskräftig wurde.

Umrechnung von „alten“ Punkten in das neue System

Die nicht gelöschten Delikte bleiben mit der ursprünglichen Punktebewertung und Tilgungsfrist erhalten. Der sich so ergebende Punktestand nach altem Recht wird nach folgendem Schema auf einen Punktestand nach neuem Recht umgerechnet:

Punktestand alt wird umgerechnet in erreichte Stufe

1–3 1 Vormerkung
4–5 2 Vormerkung
6–7 3 Vormerkung
8–10 4 Ermahnung
11–13 5 Ermahnung
14–15 6 Verwarnung
16–17 7 Verwarnung
≥ 18 8 Entziehung

Tritt für eine alte Eintragung Tilgungsreife ein, wirkt sich dies unmittelbar auf den Punktestand aus: Der alte Punktestand wird nach der Tilgung neu ermittelt und wiederum nach diesem Schema dem neuen Punktestand zugeordnet.

Olaf Meyer, Verkehrsrecht

Kanzlei am Citytor, Salzgitter-Lebenstedt

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