Handy am Steuer

excerpt: Gerichtsentscheidungen zum Handy am Steuer

Nachfolgend haben wir einige interessante Fragestellungen zum Thema „Handy am Steuer“ und die dazu ergangenen Gerichtsentscheidungen aufgeführt.

§ 23 Abs. 1a StVO normiert das Verbot des Telefonierens mit dem Handy während der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung.
Danach dürfen „Mobil- oder Autotelefone“ nicht in die Hand genommen und benutzt werden, während der Motor eines Kfz eingeschaltet ist. Verstöße von anderen Fahrzeugführern als Radfahrern werden laut Nr. 246.1 des BKat mit 60 Euro Bußgeld geahndet und führen gem. Nr. 3.2.15 der Anlage 13 zu § 40 FeV zur Eintragung eines Punkts im Fahreignungsregister. Verstöße von Radfahrern führen laut Nr. 246.2 des BKat zu einem Verwarnungsgeld von 25 Euro.

Anhalten

Das Verbot der Handynutzung entfällt nicht bei einem kurzfristigen verkehrsbedingten Anhalten, etwa an einer roten Ampel.

OLG Celle, Beschl. v. 24.11.2005 – 211 Ss 11/05 (OWiZ) – VRS 109, 449

Benutzung

Von einer verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons ist gem. § 23 Abs. 1a StVO auszugehen, wenn die beanstandete Handlung des Betroffenen einen Bezug zu einer Funktion des Geräts hat. Nicht erfasst werden ausschließlich Handlungen, die keinen Zusammenhang zu einer bestimmungsgemäßen Verwendung aufweisen wie beispielsweise das bloße Aufheben oder Umlagern. Wird das Mobiltelefon jedoch aufgenommen, um die Uhrzeit abzulesen, liegt eindeutig ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO vor.

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.1.2014 – 1 SsRs 1/14 – DV 2014, 128

Eine „Benutzung eines Mobiltelefons“ im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung, insbesondere beim Gebrauch als Diktiergerät.

Thüringer OLG, Beschl. v. 31.05.2006 – 1 Ss 82/06 – DAR 2006, 636

Beweisfoto

Ein Messfoto, das einen Betroffenen eindeutig (rechte Hand befindet sich leicht versetzt am Ohr; gehalten wird ein rechteckiger Gegenstand, der von der Unterkante des Ohrs bis zum Kinn reicht und der aufgrund der Spreizung der Finger eine Breite von 5 bis 6 cm erkennen lässt) beim Benutzen eines Mobiltelefons zeigt, kann als Beweis für einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO gelten.

AG Neumünster, Beschl. v. 26.2.2014 – 20 OWI 579 JS-OWI 3556/14 32/14

Fahrverbot

Die wiederholte verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons ist im Einzelfall geeignet, die Anordnung eines Fahrverbotes wegen einer beharrlichen Pflichtverletzung zu rechtfertigen.

OLG Hamm, Beschl. v. 24.10.2013 – III - 3 RBs 256/13 – DAR 2014, 188

Handy als Navi

Auch die Nutzung der Navigationsfunktion eines Mobiltelefons fällt unter die Straßenverkehrsordnung. Eine verbotene „Benutzung“ liegt in jeder bestimmungsgemäßen Bedienung des Geräts, wenn der Benutzer das Gerät dafür aufnehmen oder halten muss. Also neben dem Telefonieren ist auch der Abruf von Navigationsdaten erfasst.

Oberlandesgericht Hamm Urteil vom 15.01.2015 – 1 RBs 232/14

Vorsatz

Der Grundsatz, dass bei im Bußgeldbescheid nicht angegebener Schuldform von fahrlässigem Handeln auszugehen ist und eine Verurteilung wegen Vorsatzes nur nach einem Hinweis gemäß § 265 StPO erfolgen kann, gilt bei Verstößen gegen § 23 Abs. 1a StVO – Aufnehmen oder Halten eines Mobiltelefons während der Fahrt – nicht, weil ein solcher Verstoß, zumindest in aller Regel, nur vorsätzlich verwirklicht werden kann.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.8.2013 – 2 (6) Ss 377/13 – AK 98/13 – VRR 2014, 43

Zeugenbeweis

Ohne Hinzutreten weiterer Indizien kann allein durch den Umstand, dass der Betroffene eine „typische Handbewegung“ vorgenommen hat, die Schlussfolgerung, er habe ein Mobiltelefon an sein Ohr gehalten, nicht lückenlos und folgerichtig begründet werden. Ein solches weiteres belastendes Indiz könnte beispielsweise ein in Reichweite des Betroffenen auf dem Beifahrersitz oder der Ablage liegendes Mobiltelefon sein.

Thüringer OLG, Beschl. v. 27.8.2013 – 1 Ss Rs 26/13 (63) – zfs 2014, 113

Verbot auch für Handys ohne SIM-Karte

Wer während der Fahrt mit seinem Pkw sein Mobiltelefon in den Händen hält und Musik abspielen lässt, verstößt auch dann gegen die einschlägige Verbotsvorschrift des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO), wenn in das Mobiltelefon keine SIM-Karte eingelegt ist. Dies ist eine obergerichtlich bereits geklärte Rechtsfrage.

Unter Hinweis hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Amtsgerichts Olpe nicht zugelassen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene aus Olpe im September 2016 die Koblenzer Straße in Gerlingen. Dabei hielt er sein iPhone in den Händen. In das Gerät war keine SIM-Karte eingelegt. Der Betroffene benutzte das Gerät um Musik abzuspielen. Das Amtsgericht sprach ihn vom Vorwurf der verbotswidrigen Nutzung eines Mobiltelefons (Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO) frei. Dabei vertrat es die Rechtsauffassung, dass ein Mobiltelefon ohne SIM-Karte von der Verbotsnorm nicht erfasst werde, weil es in diesem Zustand keine Telekommunikationsfunktionen wahrnehmen könne.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das amtsgerichtliche Urteil ist erfolglos geblieben. Die Richter am OLG konnten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht feststellen. Die vom Amtsgericht entschiedene Rechtsfrage ist bereits höchstrichterlich geklärt. Die Rechtsbeschwerde ist nicht bereits dann zuzulassen, wenn in einem Einzelfall ein Amtsgericht von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht.

In der Sache selbst weist das OLG darauf hin, dass obergerichtlich bereits hinreichend geklärt sei, dass die Verbotsvorschrift des § 23 Abs. 1a StVO auch auf ein Mobiltelefon ohne eingelegte SIM-Karte anzuwenden sei. So habe das OLG selbst (1.2.12, 5 RBs 4/12) bereits ausdrücklich ausgeführt, dass es auf die Frage, ob bei der Tatbegehung eine SIM-Karte in das Mobiltelefon eingelegt sei, nicht ankomme, wenn eine Funktion des Mobiltelefons während des Führens eines Fahrzeugs genutzt werde. Entsprechend habe auch das OLG Jena entschieden. Seiner Entscheidung (31.5.06, 1 Ss 82/06) habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem sich die SIM-Karte während der Benutzung eines Mobiltelefons als Diktiergerät nicht in dem Telefon befunden habe. Schließlich habe das OLG Hamm einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO in einem Fall angenommen (23.1.07, 2 Ss OWi 25/07), in dem die Telefonkarte hin- und hergeschoben worden sei, um ein Autotelefon funktionstüchtig zu machen (dieses also zum Zeitpunkt der Tat auch noch nicht funktionstüchtig gewesen sei).

Dass ein Mobiltelefon auch ohne SIM-Karte der Verbotsnorm des § 23 Abs. 1a StVO unterfallen könne, beruhe darauf, so der Senat, dass die Vorschrift während der Fahrt nicht nur die Benutzung eines in den Händen gehaltenen Geräts zum Telefonieren verbiete. Verboten sei vielmehr jegliche Nutzung einer Funktion des Mobiltelefons.

Quelle | Pressemitteilung des OLG Hamm zum rechtskräftigen Beschluss vom 8.6.17, 4 RBs 214/17

Olaf Meyer, Verkehrsrecht

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